Abstract. Design für alle

Abstract. Design für alle

Aida de Miguel Veröffentlicht am 7/18/2017

Die Naturalisierung des Designs in unserem Alltag lässt es oft als Konzept in eine Kategorie fallen, die von der Realität der Dinge abweicht. Doch durch die Modernisierung und Digitalisierung der Gesellschaft rückt das Design wieder ins Zentrum der Aktualität – oder so hat zumindest Netflix diese Fragestellung interpretiert.

In der ersten Jahreshälfte 2017 stellte Netflix seinen Abonnenten die neue Serie Abstract zur Verfügung, die vermutlich erste Dokumentarreihe, die sich dem Thema Design im weitesten Sinne widmet. Ein Thema, das früher scheinbar nur für eine kleine Gruppe von Liebhabern des Schönen und der mutmaßlichen Frivolität des Designs, der Ästhetik und des Oberflächlichen von Interesse war… Doch das trifft scheinbar gar nicht so zu und außerdem sorgen die pädagogische Annäherung und Verbreitung zu einem exponentiellen Interesse an der Thematik.     

Bruce Ely/Netflix

Abstract besteht in seiner ersten Staffel aus acht Folgen von je 50 Minuten Länge. Eine interdisziplinäre Sicht auf das Design in makelloser Produktion und mit erstaunlichen visuellen Effekten. Diese Ausstrahlung beweist das große Interesse von Netflix gegenüber dem Genre der Dokumentarfilme und für diese Thematik im Allgemeinen. Jede Folge ist auf die Aufgabe und Persönlichkeit eines jeden Protagonisten zugeschnitten und stellt acht wichtige Leitsätze dieser weltweit erfolgreichen Designer auf: Von dem ikonischen Designer von Nike, Tinker Hatfield, über Paula Scher vom Studio Pentagram, Grafikdesignerin und weltweit wichtiger Bezugspunkt der Branche, bis zu dem jungen und ambitionierten dänischen Architekten Bjarke Ingels, der es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hat, viele der Prinzipien der modernen Architektur neu zu hinterfragen.

Jede dieser Personen stellt uns ihr Arbeitsumfeld anhand eines konkreten Projekts vor und sendet dadurch eine direkte und attraktive Botschaft. Ein Raum, in dem sich der Zuschauer selbst wiedererkennt und ganz klar sieht, auf was es beim „Schaffensprozess“ sowie bei den dahinter verborgenen Arbeitsschritten ankommt und wie sich diese gestalten. Auf fesselnde Weise erzählt.

Nike Air Trainer 1 outsole sketch by Tinker Hatfield. news.nike.com.

Die neuen Plattformen zur Verbreitung audiovisueller Inhalte, wie Netflix oder HBO, gehen heute bereits weit über ihre ursprüngliche Funktion hinaus, indem sie ihre eigenen Inhalte produzieren und dadurch zu wichtigen Orientierungspunkten des Wandels und neuer Tendenzen werden.

Doch spricht das Thema Design wirklich ein so breites Publikum an? Davon scheint Netflix überzeugt zu sein und behandelt die Thematik alles andere als oberflächlich. Das bestätigen die extrem hochwertige Realisierung sowie die acht Protagonisten dieser ersten Staffel.

Diese Art der Darstellung ermöglicht zweifellos, die Vielfältigkeit der professionellen Designer und Persönlichkeiten zu entdecken, die in den eng mit dieser Branche verbundenen Bereichen tätig sind. Betrachten wir beispielsweise den Fall von Paula Scher: Das Grafikdesign gehört zusammen mit der Architektur und dem Automobildesign vermutlich zu den in Abstract behandelten Disziplinen, die dem Zuschauer als am realsten erscheinen oder die zumindest von der Gesellschaft im Allgemeinen am bewusstesten wahrgenommen werden. Als Scher betont, wie wichtig es ist, eine konkrete Bildsprache zu entwickeln, können wir mitverfolgen, wie sich diese in einem Logo oder einer Illustration konkretisiert und unverzüglich danach in Form einer Website, einer Broschüre oder eines Posters an der nächsten Bushaltestelle in unserem Alltag materialisiert. Und genau darin bestehen der Zauber des Designs und der darin verborgene Gemeinnutz.

FCA US LLC

Man könnte sagen, dass die Designkunst keine Kunst per se ist, sondern sich nur als Kunst bezeichnen lässt, solange sie die alltäglichen Bedürfnisse des Menschen auf meisterhafte Weise erfüllt, ohne dabei die Feinfühligkeit und die emotionalen Fähigkeiten der Menschen außer Acht zu lassen. Genau aus diesem Grund liegt es heute im Interesse der Allgemeinheit, das Wie und Warum der Dinge darzustellen. Abstract ist das beste Beispiel dafür und die Initiative von Netflix soll mit dieser Serie neues Terrain bei der Verbreitung und Diversifizierung fernsehgerechter, interessanter Inhalte säen. Hoffen wir, dass sich dies erfüllt.