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Die Welt der Typographie erfuhr in den letzten 30 Jahren tiefgreifende technologische Veränderungen: Während in diesem alten Handwerk einst Lettern aus Blei per Hand zu Schriftzeilen buchstäblich zusammengesetzt wurden, nutzen wir heute effiziente Grafikprogramme. Und dazwischen gab es viele Schritte, die wahre Quantensprünge für jene sind, die es gewohnt waren, sich die Hände schmutzig zu machen, wenn sie die Bleilettern zum Reinigen in Wasser legten oder den Geruch von Ammoniak ertragen mussten, wenn sie Prüfdrucke erzeugten.
All diese chemischen und manuellen Verfahrensschritte gehören der Vergangenheit an und in den Lehrbüchern finden die Studierenden dazu heutzutage nur noch wenige Hinweise. Sie können sich die Gerüche, die Klänge, die ohrenbetäubenden Rhythmen, die Farben, die man nicht von den Händen waschen konnte, die Wunden, die man sich von den Rändern der Acetatfolien zuzog, die Korrekturen, die mit Schneidemaschine und Klebeband vorgenommen wurden, nur schwer vorstellen – all dies scheint aus einer längst vergangenen Zeit zu stammen, doch liegt diese Zeit nicht mehr als 10-15 Jahre zurück.
Und trotzdem: Wenn man sich mit jemandem unterhält, der in den Bereichen Druck und Druckvorstufe arbeitet, ist diese Welt noch präsent: durch die Wörter, von denen einige sehr technisch und gebräuchlich und andere nunmehr gänzlich ungebräuchlich sind.
Diese Sprache zu verstehen, ist oft wichtig, um Arbeiten – vor allem wenn diese komplex sind – für den Druck bestmöglich vorbereiten zu können.
Es folgt ein kleines Glossar, dessen Terminologie sicherlich nicht vollständig ist; wir laden Sie dazu ein, es mit Ihren persönlichen Erfahrungen zu bereichern, indem Sie die Kommentarfunktion auf Facebook nutzen.
Das Glossar des Typographen des 20. Jahrhunderts
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Anschnitt, auch: Beschnitt
Manchmal ragt ein grafisches Element bis an den Seitenrand („im Anschnitt liegen“); damit bei einem nicht ganz exakt laufenden Schnitt etwas außerhalb der Seite kein unästhetischer weißer Rand (auch: Blitzer) erscheint, muss es über den Rand hinausragen und wird abgeschnitten.
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Beschnittzugabe
Das Dazugeben eines Randes (Beschnitt) ist notwendig, um Fehler mit einem Bereich von 1-2 mm ausgleichen zu können. Dieser Rand war ursprünglich wegen der Faltmaschinen erforderlich, die mit einer Ungenauigkeit von einigen Millimetern arbeiten konnten. Dies verhinderte, dass unästhetische weiße Ränder entstanden. Mit den neuen Technologien wurde in einigen Fällen der Beschnitt auf 1 mm reduziert.
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Passerfehler
Ein Problem, das heutzutage aufgrund der neuen Drucktechniken nicht mehr so oft vorkommt, ist der Passerfehler. Dieser liegt vor, wenn die Druckplatten der verschiedenen Farben (C,M,Y,K oder andere) nicht richtig übereinanderliegen. So kann es zu verschwommenen Bildern kommen.
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Aussparung
Dieser Begriff wird für das Überdrucken verwendet: Anstatt zwei Farben oder zwei Elemente übereinander zu drucken (aus Angst, dass nicht die richtige Farbe dabei entsteht oder die Grafik an Schärfe verliert), werden Aussparungen gebildet.
Das heißt, wenn wir eine besondere Farbe verwenden müssen (z. B. Gold), kann es sein, dass wir diese auf weißem Untergrund drucken müssen, sprich keine Grafik darunterliegen darf. In diesem Fall wird dieser Bereich ausgespart, also letztlich auf der entsprechenden Druckplatte keine Farbe übertragen.
Wenn diese Option, die auch in InDesign gesteuert werden kann, falsch angewandt wird, können störende Passerfehler entstehen.
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Druckform
Die Druckform ist eines der grundlegenden Elemente der Typographie. Damit wird das Endprodukt (Broschüre, Faltblatt, Poster usw.) im Druckbogen angeordnet. Sie zu verstehen, ist auch sehr wichtig, wenn man beispielsweise ein Buch im Dreibruch-Kreuzfalz (ergibt 16 Seiten) drucken möchte und anschließend falten muss. Üben kann man dies an kleinen Modellen, die wie die in jedem Büro erhältlichen Formate richtig proportioniert sind (entsprechend A3, A4).
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Spannklappe
Mithilfe der Spannklappe wird die Druckplatte in der Druckmaschine festgehalten. Bei einigen Papierformaten definiert die Kante, die dafür freigehalten wird, das dabei entstehende Druckformat.
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Blaupause
Dies ist wahrscheinlich einer der merkwürdigsten Begriffe für jene, die sich gerade an den Bereich der Grafik herantasten.
Warum nennt man Prüfdrucke „Blaupause“?
Bis vor wenigen Jahren, als es die Großformatdrucker noch nicht gab, wurde die fertige Druckform für eine letzte Revision mit einem Fotografieverfahren durch einen sogenannten Bromograph kopiert, der ein Spezialpapier belichtete. Anschließend wurde dieses mit einer Ammoniaklösung entwickelt. Das Verfahren wird Blaupause, oder auch Cyanotypie, genannt, weil der Prüfdruck nach der Belichtung zunächst cyanblau war, bevor er beim anschließenden Entwickeln letztendlich grau wurde. Die Korrekturen wurden schließlich mit einem Stift auf diesem Prüfdruck vorgenommen.
Manchmal kam es vor, dass diese einfachen Maschinen zu Schaden kamen; dann musste der Prüfdruck per Hand entwickelt werden, indem die belichteten Blätter in Röhren gesteckt wurden, in welche die Entwicklerflüssigkeit gegossen wurde. Wenn man diese Röhren öffnete, um den Prüfdruck herauszunehmen, strömte ein Ammoniakgeruch heraus, der einem die Tränen in die Augen trieb – dies war eine der psychedelischsten Erfahrungen, die man in der Typographie machte.
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Wiederbeschreiben
Diesen Begriff verwendet man, wenn bereits gedruckte Druckformen nochmal in die Maschine kommen, um zusätzliche Elemente zu drucken.
Im Allgemeinen wird er verwendet, wenn zum Beispiel mehrsprachige Kataloge (ganz gleich, ob aus den Bereichen Kunst oder Wirtschaft) produziert werden: Die bereits gedruckten Formen, welche die Bebilderungen enthalten, werden nacheinander mit den einzelnen Sprachen wiederbeschrieben.
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Butzen
Dabei handelt es sich um einen Fehler im Druckbild, der je nach Region auch Putzen, Partisan oder Popel genannt wird und als weißer Kreis auf größeren Farbflächen erscheint.
Oft entstand diese Fehlstelle im Druck aufgrund von Fusseln oder Partikeln, die sich auf dem Gummituch abgesetzt haben. Bei den neuen Technologien kommt es nur noch selten zu diesem Problem.
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Maschinenstillstand
Der letzte Begriff ist der reinste Horror für jeden Grafiker, der in der Produktion arbeitet: Der Moment, in dem sich der Drucker (typischerweise etwas robuster als der Grafiker gebaut) vor dem Schreibtisch mit der Druckform in der Hand aufbaut und sagt, es sei eine Korrektur vorzunehmen – und zwar sofort, weil seine Maschinen stillstehen. Nun, der Drucker hasst Maschinenstillstand und sitzt dem Grafiker so lange mürrisch im Nacken, während ihm Schweiß und Tinte hinuntertropfen, bis das Problem gelöst ist.
Denken Sie daran, wenn Sie eine Korrektur im letzten Augenblick absenden, wenn die Arbeit bereits im Druck ist. Vielleicht hat der Grafiker wegen Ihnen die schlimmste Viertelstunde seines Lebens!