Wir Grafikdesigner (oder „Grafiker“, wie wir von allen genannt werden) studieren, nehmen an Events teil, kommentieren die Arbeiten unserer Kollegen in Foren und sozialen Medien, durchstöbern das Internet, treiben uns auf Portalen wie Behance und Dribble herum, um die Werke anderer zu begutachten, und vor allem wissen wir, welchen Personen es sich wirklich lohnt zu folgen, wer zu den wichtigsten Designern und Grafikern gehört, die den Weg für alle später folgenden vorzeichnen. Wer sich intensiv mit Grafikdesign beschäftigt hat, kennt wahrscheinlich die wichtigsten Designer der Neunzigerjahre, nicht aber unbedingt die der Zeit davor oder die einflussreichsten Designer der letzten Jahre. In dieser kurzen – gezwungenermaßen unvollständigen – Übersicht möchten wir Ihnen fünf der wichtigsten Grafikdesigner vorstellen, die nicht unbedingt auch zu den bekanntesten bzw. am meisten gefeierten gehören.
Debbie Millman
https://www.debbiemillman.com/Sie ist nicht nur für ihre Werke als Designerin bekannt (sie war bereits für einige große Marken tätig, wie aus ihrem Portfolio hervorgeht), sondern auch für ihre Verbreitung von Informationen über ihren nicht zu versäumenden Podcast Design Matters. Damit setzt sie ein Beispiel dafür, dass Grafikdesign nicht nur aus Design und Grafiken besteht, sondern sehr wohl auch aus Gedanken und Worten, Popularisierung und Reflexion. Dass man es nicht nur als Fitnessstudio betrachten darf, in dem man seine eigene sportliche Leistung zur Schau stellt, sondern als Disziplin aus Gedanken, Planung und Überlegungen.
Chipp Kidd
https://chipkidd.com/home/Er gilt als der facettenreichste, kreativste und irrwitzigste Designer von Buchcovern. Zu seinen Werken gehört das Cover von „Jurassic Park“ von Michael Crichton, das daraufhin zum berühmten Markenzeichen des zugehörigen Films wurde. Auf seinen Buchcover ist alles möglich, alles kann geschehen, es gibt nichts, das seine Designideen außerhalb aller Regeln nicht beeinflussen kann: Fotos, Objekte, Designs, Schriftarten und handgeschriebene Zeichen. Sein Stil besteht darin, keinem festen Stil zu folgen. Sein Ziel ist es, aus den üblichen Mustern auszubrechen, einen Geniestreich zu schlagen, sein Publikum zu erstaunen. Seine poppigen und übertriebenen Designs, die manchmal über alle Maßen kitschig sind, kann man als Gegenteil des typischen Rationalismus des modernen Grafikdesigns bezeichnen, das uns an Schulen und Universitäten gelehrt wird. Und schon allein deshalb kann man ihn als gutes Vorbild für alle Nachwuchsdesigner betrachten.
Zuzana Licko
Ein Mythos für alle Schriftbegeisterten. Sie ist Mitbegründerin von Emigre, einem der innovativsten Schriftdesignbüros der Welt. Ihre Zeitschrift gehört zu den Produkten mit dem besten, allein auf Schriftarten gestützten Design. Als 1984 die erste Ausgabe erschien, war das Schriftdesign noch an die Eigenschaften der Druckzeichen gebunden, sodass jahrhundertealte Regelsysteme neu überarbeitet wurden. Diese Regeln haben zwar nicht ihre Gültigkeit verloren, doch dank des digitalen Designs änderten sich die Formen der Schriftarten, es entstanden neue Serifen und Grotesk-Schriftarten, ungewöhnliche Formen und ein neuer Stil. Es genügt bereits ein Blick auf das Portfolio von Emigre, um zu erkennen, welche entscheidende Rolle Zuzana Licko im Grafikdesign spielte. (Ich persönlich finde, dass Filosofia, Triplex, Dalliance und Tribute zu den schönsten und ikonischsten Schriftarten zählen, die je designt wurden, denn sie trugen alle auf ihre eigene Weise dazu bei, das Schriftdesign neu zu erfinden.)
Alex Trochut
https://alextrochut.comDie Designs des spanischen Grafikers in seinen Dreißigern (1981 geboren) sind sinnbildlich für den Weg, den das Grafikdesign in den letzten zehn Jahren zurückgelegt hat; eine Mischung aus Technologie und Handwerk, 3D-Modellierung und Illustration, Fotografie, Lettering und Design, sowie aus Realität und Fiktion. Ein ständiges Crossover, bei dem zweidimensionale Grafiken dreidimensional werden und die Farben ihr Publikum fesseln sollen, ohne sich davor zu fürchten, es mit psychedelischen und organischen Effekten zu überrumpeln.
Taku Satoh
https://www.tsdo.jp/Japan war schon immer ein Land voller ausgezeichneter Grafikdesigner, die mit einem ausgeglichenen Verständnis fürs Design arbeiten. Taku Satoh gehört zu den besten Interpreten des japanischen Grafikdesigns, das durch Minimalismus, Weißraum, Intervalle und Schlichtheit geprägt ist. Das Ziel besteht darin, mit wenig Inhalt zu fesseln, und genau deshalb muss dieser Inhalt erschütternd effizient sein. Seit 2000 arbeitet Satoh mit der Modemarke Issey Miyake. Nach all dem Überfluss ist es Zeit für ruhiges, minimalistisches Design.
Stefan Sagmeister
https://sagmeisterwalsh.com/Dieser Name kommt vermutlich wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass er einer der meist gefeierten Grafikdesigner der letzten zwanzig Jahre ist. Der in New York lebende Österreicher erschuf eine Mischung aus Body Art, Installationen, Schriften und Design, die zu revolutionären Ergebnissen führte. Seither sind Grafikdesign, Art Direction, Fotografie, Kunst und Illustration keine Grenzen mehr gesetzt. Und so wurde der Grafikdesigner vom einfachen Organisator von Texten und Linien zu einem Künstler. Man könnte einwenden, dass seine Arbeit eher an die Arbeit eines Art Director erinnert. Doch seine Liebe für das Schriftdesign (von Hand oder mit Hilfsmitteln und verrückten Einfällen ausgeführt), dank dem er ungewöhnliche Botschaften überliefern kann, beweist, dass wir es mit einem wahren Designer zu tun haben – auch wenn er von der Norm abweicht. Auch das gehört zum Grafikdesign.