Online-Werbung überholt TV-Werbung; Spracheingabe und Bilder lösen das geschriebene Wort nach und nach ab; Computerspiele machen den traditionellen Sportarten Konkurrenz; und Indien bietet nie dagewesene Geschäftsmöglichkeiten: Das sind einige der Prognosen aus dem Internet Trends Report 2017, der am 31. Mai auf der Code-Konferenz vorgestellt wurde.
Diese Analyse, die jedes Jahr von Mary Meeker aus der Investmentfirma Kleiner Perkins Caufield & Byers durchgeführt wird, ist seit ihrer ersten Ausgabe 2001 inzwischen zu einem wichtigen Bezugspunkt geworden, wenn es um die Zukunft des Internets geht.
Das „Globale Dorf“ der Internetnutzer zählte 2016 ganze 3,4 Milliarden Einwohner, nachdem die Zahl laut Meekers Studie acht Jahre in Folge rasant um 10 % jährlich angestiegen ist.
2016 sind die Lieferungen von Smartphones „nur“ um 3 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (2015 betrug der Anstieg 10 %). Doch das gefährdet noch lange nicht den „Ansturm auf das Netz“ der intelligenten Mobiltelefone. Diese Geräte stellen den wichtigsten Faktor beim Wachstum der Online-Werbung dar: Sie erobern im Vergleich zu den Computern immer größere Anteile.
In Bezug auf die Werbetrends präsentiert der Internet Trends Report zwei erstaunliche Zahlen. Erstens: 85 % des bei den Online-Werbeanzeigen verzeichneten Wachstums entfällt auf Facebook und Google. Zweitens: Die Investitionen in Online-Werbung zogen 2016 mit denen der Fernsehwerbung gleich und alles deutet darauf hin, dass sie diese 2017 mit einem historischen Überholmanöver übertreffen werden.
Spracheingabe und Bilder ersetzen nach und nach das geschriebene Wort bei Online-Suchanfragen. 2017 lernte Google, gesprochene Wörter mit geradezu menschlichen Fähigkeiten (mit einer Genauigkeit von 95 %) zu erkennen. Dies öffnet die Türen für eine massive Nutzung der Sprachtechnologie. Nachdem die Hürde der Spracherkennung überwunden wurde, besteht die neue Herausforderung darin, eine künstliche Intelligenz zu entwickeln, die in der Lage ist, den Kontext der Wörter zu erfassen.
Die Queries anhand von Bildern folgen demselben Weg. „Ein Großteil der Anfragen [bei der Onlinesuche] wird in Zukunft auf Bildern anstatt auf Suchbegriffen basieren“, bestätigte Ben Silbermann, Gründer von Pinterest.
Die Gaming-Industrie ist Meeker zufolge der Antrieb der technologischen Innovation im Netz. 2,6 Milliarden Personen sind bei interaktiven Online-Spielen registriert, einem 100 Milliarden Dollar schweren Geschäftszweig. Doch das ist noch nicht alles: Computerspiele werden zu „E-Sports“, einer neuen Form des sportlichen Wettkampfs. Das Finale des Videospiels League of Legends zog 2016 beispielsweise 20.000 Zuschauer in das Staples Center in Los Angeles und wurde von weiteren 43 Millionen online verfolgt.
Einen weiteren Motor der Online-Technologie stellt die Cloud dar, die insbesondere in der industriellen Anwendung gesteigertes Wachstum erfährt. Dabei bestehe die große Herausforderung laut Meeker in der Sicherheit und dem Datenschutz.
Musik und Videos sind zwei der Hauptgründe, die dem Internet User bescheren.
Spotify ist (nach seinem nicht einmal 10-jährigen Bestehen) bereits für 20 % der Einnahmen der Musikindustrie weltweit verantwortlich. Netflix verzeichnete im Vergleich zu 2011 ein Wachstum von 700 % – ein weiteres Warnsignal für das traditionelle Fernsehen.
Auch in Sachen Gesundheit wird das Internet genutzt. Die Downloadzahlen von Gesundheits- und Fitness-Apps sind um 15 % gestiegen und die Zahl der Personen, die Fitnesstracker und ähnliche Geräte tragen, erreichte 2016 stolze 102 Millionen (während es 2014 noch viermal weniger waren). Darüber hinaus ist mindestens die Hälfte der Nutzer bereit, ihre Gesundheitsdaten im Austausch gegen nützliche Leistungen an Google, Microsoft oder Apple weiterzugeben.
Die weltweit wichtigsten Online-Märkte sind Meeker zufolge Indien und China. Die Anzahl der indischen Internetnutzer stieg 2016 um 28 % – ein überdurchschnittliches Wachstum, das sich noch lange fortsetzen kann, wenn man bedenkt, dass das Internet bisher nur von einer Minderheit der 1,3 Milliarden Inder genutzt wird. Ausschlaggebend war dabei die Verbreitung der Smartphones: 2016 halbierten sich die Kosten pro Gigabyte dank neuer, konkurrenzfähiger Angebote der örtlichen Anbieter. Die Einführung günstigerer Smartphone-Modelle könnte die Internetnutzung in Indien weiter stark anfeuern.
China ist bereits seit Jahren ein wichtiger Markt. Unternehmen wie Tencent, Alibaba, Baidu, Ant Financial, Didi Kuaidi und Xiaomi treiben den lebhaften Markt der Online-Dienste an. Zwei aufsteigende Sektoren sind die Bezahlung per Mobiltelefon und das Bike-Sharing. Nichtsdestotrotz halten die Vereinigten Staaten die Vorrangstellung im Online-Handel. Sieben der 10 größten Online-Unternehmen kommen aus den USA: Apple, Google-Alphabet, Amazon und Facebook belegen dabei die ersten Plätze. 1,5 Millionen Personen arbeiten für Online-Unternehmen mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten.
Der Internet Trends Report 2017 bestätigt also, dass die Internetnutzung weiterhin bemerkenswertes Wachstum erfahren wird, das zudem einem stetigen Wandel unterliegt. Das Marketing täte gut daran, diese Veränderungen zu beobachten, um maximal davon profitieren zu können.s