Vor vielen, vielen Jahren kam ein schwedischer Möbelhersteller auf die Idee, einen Katalog zu erstellen, in dem die Produkte in ihrer Umgebung abgebildet wurden, um potenziellen Käufern die Eigenschaften und Möglichkeiten jedes einzelnen Produkts aufzuzeigen. Man konnte diesen Katalog am Kiosk kaufen; später wurde er – mit steigender Zahl an Verkaufsstellen – sogar verschenkt und in den eigenen Briefkasten geliefert. Dieser Katalog war heiß begehrt, denn er lieferte pfiffige Einrichtungstipps für die eigene Wohnung und vermittelte eine Vision, die ganze Familien von den preiswerten Möbeln träumen ließ.
Wirklich jeder kennt diesen Katalog und hat ihn mindestens einmal in seinem Leben durchgeblättert. Dass es sich um einen Katalog handelt, erkennt man an den Artikelnummern, die neben den Produktbezeichnungen zu finden sind. Denn ein echter Katalog ist dadurch gekennzeichnet, dass er die wichtigsten Eigenschaften sämtlicher Produkte enthält, die sowohl der Verkäufer als auch beispielsweise ein Lager- oder Speditionsmitarbeiter benötigt: Artikelnummer, Foto, Abmessungen, Preis und eine kurze Beschreibung.
Produkte und Informationen – daraus besteht wirklich jeder Katalog.
Ein Katalog erzählt nichts über das Unternehmen (oder höchstens in knappen Worten), sondern zeigt, was das Unternehmen herstellt, und zwar möglichst einfach und gut strukturiert, damit ein Einzelkunde, ein Großhändler oder ein Einkäufer tatsächlich einen Kauf tätigt.
WAS MACHT EINEN GUTEN KATALOG AUS?
Ein Katalog besteht in der Regel aus vielen Seiten, da er viele Produkte umfasst. Das Wort „Katalog“ wurde fast unverändert aus dem Altgriechischen übernommen und bedeutet ganz einfach Liste, Verzeichnis. Und eine Liste braucht es zwingend bei einer großen Zahl an Objekten.
Aus rein „physischer“ Sicht gleicht der Katalog im Allgemeinen einem Buch oder einer Zeitschrift. Je nach Umfang, d. h. Seitenzahl, ist er broschiert oder geheftet.
Das Seitenformat hängt von der jeweiligen Branche ab, vor allem aber von der Botschaft, die das Unternehmen vermitteln möchte.
Kataloge bestimmter Wirtschaftszweige (wie etwa Maschinen für die Industrie oder den Einzelhandel) setzen oft auf einfache Grafiken und Standardformate wie DIN A4. Unternehmen, die beispielsweise Luxusgüter herstellen oder vertreiben, bevorzugen möglichst kleine, quadratische Formate: Das Lieblingsformat für die Präsentation von Uhren und Schmuck.
Designaffine Branchen, die gewisse Ansprüche an die Form, das Erscheinungsbild stellen, wagen sich gern an ungewöhnliche Formate, festere Cover (bis hin zum Kartoneinband), Speziallackierungen und Prägedruckeffekte. Außergewöhnliche Kataloge findet man zum Beispiel im Bereich Möbel, Innendekoration und Keramik.
Soll ein neuer Katalog erstellt werden, empfehlen wir einen Blick auf die Printprodukte der Mitbewerber und die Unternehmen, die in anderen Ländern in derselben Sparte tätig sind. Erst danach sollte man entscheiden, ob man der Norm folgt oder mit neuen Lösungen experimentiert, um aus der Masse herauszustechen.
Im Übrigen ist ein Katalog ein vielfach einsetzbares Instrument: Er präsentiert die Produkte auf einer Messe und zeigt auch jene, die im (realen oder virtuellen) Shop erhältlich sind; er dient dem Verkäufer als Hilfsmittel und dem Käufer als Ratgeber und Nachschlagewerk. Je nach Verwendungszweck gilt es abzuwägen, ob unterschiedliche Grafikprojekte aufgesetzt werden sollen.
GRAFIK UND LAYOUT: WIEVIEL KREATIVITÄT VERTRÄGT EIN KATALOG?
Der Katalog muss zwei Grundfunktionen erfüllen: schnelles Nachschlagen (bei der Suche nach Produktinformationen) und klare Gliederung (der umfangreichen Datenmenge). Aus diesem Grund sind die meisten Kataloge tabellenförmig aufgebaut: Jede Zeile enthält ein Produkt (manchmal ergänzt um ein kleines Foto) gefolgt von Artikelnummern, Beschreibungen und Merkmalen.
Folgende Faktoren sollten beachtet werden, wenn das Grafikprojekt für einen Katalog definiert wird:
- Anzahl zu präsentierender Produkte: Es macht einen großen Unterscheid in Bezug auf die Grafik, ob auf einer Seite viele oder nur ein einzelnes Produkt gezeigt werden.
- Qualität und Größe der Produktfotos: Wird das Produkt in seiner Umgebung dargestellt, sollten die Bilder groß sein; liegt der Fokus auf dem Aussehen des Artikels, reichen kleine Fotos.
- Warenbereich: Ein Vergleich mit den Katalogen anderer Firmen aus derselben Branche hilft bei der Entscheidung, wie sich das eigene Unternehmen – mit Hilfe der geeignetsten Grafik – positionieren möchte.
Es ist nicht einfach, die herkömmlichen Muster eines Katalogs aufzubrechen, da dieser für den Nutzer gut lesbar und leicht zu benutzen sein muss. Nicht einfach, aber möglich!
Sind Tabellen vorhanden, so können die verschiedenen Produktkategorien mit Hilfe von Farben differenziert werden, eventuell mit Icons oder kleinen geometrischen Formen.
Der Gestaltungsraster darf dynamisch sein und sich innerhalb des Katalogs ändern, ohne die Lesbarkeit zu beeinträchtigen: So kann beispielsweise die Position großer und kleiner Fotos abgewechselt werden.
Ein anderer Weg, die grafische Wirkung eines Katalogs zu erhöhen, ist die intensive Bearbeitung der Seiten eines Abschnittsbeginns, da der Katalog höchstwahrscheinlich in verschiedene Teile gegliedert wird. Der Fokus der grafischen Arbeit kann auf diese Seiten gelegt werden, hier kann man mit farbigen Hintergründen, Schriftarten, Überschriften, Symbolen und Bildern experimentieren, so als wäre jede dieser Seiten eine Art Titelblatt.
Ein weiteres grafisches Mittel zur Bereicherung des Katalogs sind Infografiken: Sie helfen, die Stärken der Produkte herauszustreichen. Oder ein Infografik-Layout, bei dem sich die Produktfotos in der Mitte des luftigen Seitenlayouts befinden, umgeben von Artikelnummern und -beschreibungen.
FREIGESTELLTES OBJEKT ODER MOTIV IM KONTEXT?
Für jeden Gestalter sind die vom Kunden bereitgestellten Bilder das größte Dilemma bei einem Katalog. Und auch dem Auftraggeber bereiten diese Kopfzerbrechen: Er muss sicherstellen, dass alle erforderlichen Bilder vorhanden sind und, falls dies nicht der Fall ist, entscheiden, ob und wie die neuen Produkte fotografiert werden sollen.
Die Fotos sollten zudem in sich stimmig sein, d. h. die Produkte müssen in der gleichen Position, unter den gleichen Lichtverhältnissen und eventuell vor dem gleichen Hintergrund aufgenommen werden.
Im Bekleidungsbereich muss entschieden werden, ob das Kleidungsstück an einem Modell fotografiert wird oder allein; in der Einrichtungsbranche, ob die Möbelstücke im Kontext gezeigt werden (wie bei IKEA und Maisons du Monde) und ob zusätzlich Personen abgebildet werden, sodass eine realistische und glaubwürdige Geschichte rund um die Bilder erzählt wird (wie dies bei IKEA, aber nicht bei Maisons du Monde der Fall ist). Überdies muss festgelegt werden, ob am Ende eine Übersicht aller im Katalog abgebildeten Produkte mit den zugehörigen Daten (und aussagekräftigeren Fotos) eingefügt wird, wie etwa bei Maisons du Monde, aber nicht bei IKEA.
Am wichtigsten und beileibe nicht selbstverständlich ist aber die Beschaffenheit der Bilder: Es liegt auf der Hand, dass diese von hoher und vor allem einheitlicher Qualität sein müssen, d. h. alle Bilder müssen die gleiche Qualität aufweisen. Sind einige Bilder gut und andere schlecht fotografiert, ist der Erfolg des Katalogs ernsthaft in Gefahr. Besser ist es, einen Fotografen alle Produkte zur gleichen Zeit fotografieren zu lassen, um so ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten.
FAZIT
Für jedes Unternehmen spielt der Katalog eine wichtige Rolle, ganz gleich, ob der Schwerpunkt auf dem Vertrieb oder der Fertigung von Produkten liegt. Er kann im B2B- oder B2C-Geschäft genutzt werden, firmenintern oder -extern zum Einsatz kommen, als Verkaufs- oder Präsentationsinstrument dienen und sowohl von Großeinkäufern als auch von Kunden, die nur einen einzigen Artikel erwerben, verwendet werden.
Folglich muss er vielseitig einsetzbar und so gestaltet sein, dass sich diese Anforderungen problemlos erfüllen lassen. Seine Gestaltung sagt viel über das Unternehmen aus, mehr als eine Broschüre oder andere Präsentations- und Kommunikationsmittel: Der Katalog repräsentiert das Unternehmen, steht für das, was die Firma tatsächlich tut – jenseits aller Marketingtexte, Werbebotschaften und dem Corporate Storytelling.
Die Planung eines Katalogs lässt die Arbeitsweise und Organisation eines Unternehmens deutlich erkennen: Man kann dies mit einem Rundgang durch die Büros, die Lager und die Produktionsräume vergleichen.
Herausragende Unternehmen können unansehnliche Kataloge haben, schlecht organisierten, ineffizienten und wenig sorgfältigen Unternehmen dürfte es aber kaum gelingen, einen guten Katalog zu erstellen.