In einer Welt ohne Papier gäbe es keine Bücher, Banknoten, Fotos, Schilder, Kunstwerke, kleine Schachteln, große Kartons … Auf alle Fälle wäre das Leben wesentlich weniger interessant. Um jedoch die Mengen an Papier herzustellen, die wir benötigen, müssen Millionen von Bäumen gefällt werden. Aber gibt es denn Alternativen zur Abholzung? Wenn wir einen Blick in die Vergangenheit werfen, verstehen wir, dass Papier tatsächlich nicht immer aus Holz gemacht wurde.Die Ägypter beispielsweise stellten es aus Papyrus her. Und jahrhundertelang schrieben Menschen auf Tierhäute. Seit ein paar Jahren kehrt die Industrie zu ihren Ursprüngen zurück, indem sie alternative Fasern untersucht. Das „baumfreie Papier“ („tree free paper“) ist jetzt in Mode.Hier finden Sie einige Materialien, aus denen bereits Papier hergestellt wird und die Sie sich bestimmt nicht erwartet hätten:
1) Ihre alten T-Shirts
2017 hat das britische Unternehmen Moo eine Visitenkarten-Serie auf Basis von alten, recycelten T-Shirts herausgebracht. Die aus nicht mehr getragenen T-Shirts gewonnene Baumwolle erzeugt eine besonders widerstandsfähige Art von Papier, die man in Kombination mit anderen Fasern für juristische Dokumente, die Langlebigkeit erfordern, oder für Banknoten einiger Länder verwendet.
2) Der Kot Ihres Lieblingstieres
Das amerikanische Unternehmen Poopoopaper vertreibt Papier aus Fäkalien von Kuh, Esel, Pferd, Elch, Elefant und sogar Panda. Die Fäkalien von Pflanzenfressern sind reich an Fasern von Pflanzen und Früchten, von denen sich diese Tiere ernähren. Mit Hilfe eines Reinigungs- und Filterprozesses erhält man wunderbares Papier (völlig geruchsfrei!). Teilweise glaubt man sogar, dass diese Technik dazu beitragen könnte, das große Problem der Fäkalienentsorgung bei Zuchttieren zu lösen.
3) Schalen, Hülsen und Kerne von Früchten
Organgenschalen, Weinranken, Oliven- und Obstkerne, Mandelschalen und Nüsse … Das italienische Unternehmen Favini ist in der Lage, aus all diesen Produkten sein eigenes „baumfreies“ Papier Crush herzustellen. In der Regel werden landwirtschaftliche Ausschüsse, die weder als Tierfutter noch als Biomasse zur energetischen Umwandlung verwendet werden können, einfach verbrannt. Diese Ausschüsse liefern jedoch wertvolle Fasern, die bereits verschiedene Unternehmen zur Papierherstellung nutzen. Eine vielversprechende Methode ist die Verarbeitung von Ernteresten der Banane.
4) Pflanzen, die keine Bäume sind
In China produziert man seit eineinhalb Jahrtausenden Bambuspapier. Aus Bambus kann man eine Pulpe gewinnen, die absolut vergleichbar mit konventionellem Papier ist. Aus dieser alten Technik machte man ein Geschäft, wie beispielsweise das kanadische Unternehmen Caboo. Auch Zuckerrohr und Hanf bieten vielversprechende Fasern, die bereits in kommerziell erhältlichem Papier verwendet werden. Die aus der Baumwoll-Familie stammende afrikanische Pflanze Kenaf zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich. Eine mit Kenaf angebaute Fläche produziert in einem Jahr die gleiche Menge an Pflanzenfasern, wie sie dieselbe mit Kiefern angebaute Fläche in zwanzig Jahren produzieren würde.
5) Algen
Jedes Jahr werden in Küstenstädten Tonnen von Algen eingesammelt, die sich an ihren Stränden anhäufen. Diese „Meeresabfälle“ sind reich an Zellulose, die man zur Herstellung von Qualitätspapier verwenden kann. Es gibt diverse Initiativen, die diese Möglichkeit nutzen, sowohl auf Forschungsebene als auch bei der Anwendung für industrielle Produkte. Legendär ist zum Beispiel die Geschichte eines Papiers, das in den 90er‑Jahren im Rahmen einer Studie entwickelt wurde, die zum Ziel hatte, die Algen in der Lagune von Venedig einzufangen und zu recyceln.
6) Steine
Einige konventionelle Papiersorten enthalten mineralisches Pulver, das sie leuchtender und widerstandsfähiger macht. Es gibt jedoch auch eine Papiersorte, bei der das Gestein 80% des Produkts ausmacht, gemischt mit einer kleinen Menge Kunstharz. Dieses Papier auf Steinbasis ist in Qualitätsprodukten verschiedener Firmen bereits stark im Handel verbreitet.
7) Leder
Die italienische Firma Favini hat ein originelles Produkt auf den Markt gebracht, dessen Basis aus konventionellem, recyceltem Papier besteht und mit Resten aus der Lederproduktion gemischt wird. Und so schließt sich auch der Kreis, indem wir wieder, wie früher, auf dem guten alten Leder schreiben.